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"Wenn Biografien erscheinen, gucken die meisten, ob ihr Name darin auftaucht"Von Bonn nach Berlin: Ben Maderspacher bleibt nah an der Macht. Über die Leseleidenschaften seiner Kunden verrät er trotzdem nichts. Herr Maderspacher, wer soll Sie eigentlich hier finden zweiter Hinterhof, Dorotheenstraße? Da machen Sie sich mal keine Sorgen, das wird schon. Ich war vor zwei Wochen im Reichstag und habe dort meine Flyer verteilt. Das war vielleicht ein Hallo, überall Bekannte. Viele der Abgeordneten wissen ja, dass ich nach Berlin gegangen bin. Sie sind Ihrer Klientel hinterhergezogen? Wenn Sie so wollen ja! Mir macht das nämlich alles sehr viel Spaß. Wer arbeitet schon so nah an der Politik? Unser Bonner Geschäft wir sind direkt neben dem Langen Eugen bleibt übrigens, das führt eine Kollegin weiter. Und wir Berliner ziehen später in die Wilhelmstraße. Das tut mir beinahe leid, ich finde es recht idyllisch hier. Vielleicht behalte ich den Laden als zweites Standbein, für Lesungen oder Ähnliches. Auch Sie scheinen das Klischee nicht zu erfüllen: Alle Bonner jammern nur. Ich glaube, die Berliner denken immer, dass wir so drauf sind. Ich meine, viele Bonner verlassen auch viel, das wird hier gern vergessen. Allerdings wird denen auch der Umzug bezahlt, ich musste meinen selber finanzieren. Das klingt jetzt aber neidisch. Nein, es geht mir gut. In Bonn habe ich ein schönes Haus am Drachenfels, das ist jetzt vermietet. In Berlin wohne ich in Kreuzberg am Wasser, viele meiner guten Freunde sind umgezogen, darunter auch meine beste Freundin, die Marianne Duden. Eine tolle Frau, sage ich Ihnen. Die hat mal ganz früher bei Franz Josef Strauß als Sekretärin angefangen, war später beim Helmut Schmidt und ist jetzt bei Gerhard Schröder im Büro. Interessant. Machen Sie jetzt das Nähkästchen auf? Nee, nee, Diskretion ist alles. Aber als der Kohl dem Schröder das Kanzleramt übergab und die Marianne den Schreibtisch von der Juliane Weber übernahm, das war vielleicht eine Stimmung Sie sind nah dran an der Macht. Wer von der Politprominenz schmökert denn bei Ihnen im Laden? Kommen auch Schily, Fischer oder Scharping? Die haben dafür keine Zeit, die schicken die Sekretärinnen. Mein Gott, wie der Fischer sich über die Jahre verändert hat. Aber wenigstens authentisch ist er geblieben. Sonst kommen normale Abgeordnete. In Bonn war auch der Weizsäcker oft da, ganz ohne Bodyguards. Und ich bin selber oft rüber in den Plenarsaal und habe dem Strauß eine Zitatensammlung gebracht. Dem Wehner haben wir die Bibliothek eingerichtet, und Helmut Schmidt hat mich auch mal zu sich bestellt. Da war ich noch sehr jung und hatte vielleicht Schweißhände, als ich vor seinem Schreibtisch stand. Ehrlich gesagt: Ich fand ihn ganz schön arrogant. Und wie steht es nun um die Leseleidenschaften unserer Abgeordneten. Wer kauft was? Da halte ich mich natürlich geschlossen. Manche immer nur "Bild", andere die schönste Literatur. Und wenn Biografien erscheinen, dann gucken die meisten, ob ihr Name darin auftaucht. Wir hatten da früher einen Minister, der hat das bei jeder Neuerscheinung gemacht. Aber auch hier: kein Name. Sie sind gemein. Dafür eine andere Geschichte: Manche haben früher wirklich immer den "Playboy" in der "FAZ" versteckt, wir Buchhändler haben ihn dann wie aus aus Versehen herausgenommen und laut den Preis vorgelesen. Das ist nun wirklich gemein. Und wer, bitte sehr, kauft diese Plüschadler da oben auf dem Regal? Tja, ich finde den auch potthässlich. Aber Sie werden es nicht glauben: Der verkauft sich gut. Ein beliebtes Abschiedsgeschenk. Ist das neue Regierungsviertel eigentlich nach Ihrem Geschmack? Ich glaube, hier wird derselbe Fehler gemacht wie in Bonn: Nach 17 Uhr ist alles tot. Keine Kneipen, keine Bars, kein Leben. In der Wilhelmstraße ist doch auch nur eine popelige Ladenzeile geplant. Und zu glauben die Parlamentarier würden sich unters Volk mischen ich halte das für absurd. Ich habe das doch in Bonn gesehen: Da wurden ganze Theaterreihen für diese Leute reserviert und keiner hat s genutzt. Und nun sagen Sie es uns trotzdem: Wen in Bonn werden Sie vermissen? Meine Hunde, zwei Hovawarths, die sind am Rhein geblieben. Die würde ich auch nicht herholen, hier sind zu viele Kampfhunde unterwegs hässlich und aggressiv. (Interview: Judka Strittmatter)
DER BUCHHÄNDLER Seit 1973 hat Ben Maderspacher, gelernter Buchhändler, in der Buchhandlung am Bundeshaus in Bonn gearbeitet der sogenannten Parlamentsbuchhandlung. Mittlerweile ist der 45-Jährige selber Chef und mit einer Dependance der Parlamentsbuchhandlung nach Berlin gezogen. |